Unsere schöne bunte Ernte!

Jetzt ist die zweite Hälte des ersten richtigen Fruitlands-Erntejahres schon ziemlich fortgeschritten, pünktlich zum Beginn des Septembers schlägt das Wetter und die Atmosphäre auf „goldener Herbst“ um und dennoch habe ich neulich ein weiteres Mal die Quickpots mit Anzuchterde gefüllt. Darin keimen nun Feldsalat und Wintersalat. Bald gesellen sich noch Lachsbeere und Guter Heinrich dazu. Von ein paar Kulturen möchte ich hier erzählen, und dann gibt es noch eine schöne Galerie mit visuellen Eindrücken.

Trickreiche Ernte trotz kleiner Anbaufläche

In den vergangenen Wochen ist die Vegetation auf unserem Hof geradezu explodiert und in verschwenderischer Fülle grünte und blühte unser Hektar wildes Land in all seinen schönen Formen. Bislang haben wir es geschafft, nur mit menschlicher Muskelkraft Beete von insgesamt nur 70 Quadratmetern Anbaufläche urbar zu machen und bio-vegan zu kultivieren. Und dafür, dass wir in unserer ersten richtigen Anbausaison auf so einer Minifläche anbauen (verglichen mit den 10.452 Quadratmetern, die uns hier zur Verfügung stehen …), haben uns die Pflanzen ziemlich reichhaltig mit ihren Früchten beschenkt. Wir haben aber auch ein bisschen getrickst: Manche Pflanzen haben wir einfach ohne Beete eingepflanzt.

Tomaten

Dieses Jahr kultivierten wir die drei eher späten, aber dafür freilandgeeigneten Sorten „Wildtomate Golden Currant“, „Wildtomate Rote Murmel“ und „Celsior“.

Bis auf fünf Tomatenpflanzen setzten wir alle herangezogenen (30? 40?) zwischen Mai und Juni einfach in die wildwachsenden ungemähten Wiesen an die nächstbesten Zäune. Die Pflanzen wuchsen in dem nicht aufgelockerten, relativ schweren Boden zu nur kleinen, stämmigen Exemplaren von vielleicht einem halben Meter Höhe heran, aber gleich kleinen Füllhörnern leuchten tagtäglich immer und immer mehr Tomatenfrüchte im hohen grünen Gras und wir haben mehr frischgepflückte Tomaten, als wir zeitnah essen können. Auch die Wildtiere bedienen sich an dem Fruchtgemüse, aber es ist trotzdem mehr als genug für alle da. Die Tomaten praktizieren ganz selbständig Permakultur. Beim der Ernte und auch so fallen andauernd welche herunter. Gelegentlich werfe ich überreife oder angefressene Früchte auch einfach überall in die Gegend und hoffe darauf, dass sie sich überall auf dem Grundstück von selbst aussäen.

Unser absoluter Favorit ist die Rote Murmel! Eine Wildtomate, die robuster nicht sein kann. Als Buschtomate wuchert sie ungemein in die Breite und muss (im Gegensatz zur Celsior) weder ausgegeizt noch aufgebunden werden. Eigentlich muss man mit ihr überhaupt nichts machen. Wir haben sie gemulcht, anfangs ein, zwei Mal mit Brennnesseljauche gedüngt und ihr dann beim Wachsen zugesehen. Zweifelte ich im Mai noch, ob aus den kleinen Pflänzchen überhaupt jemals eine Frucht hervorgehen würde („Eine reife Tomate hätte ich gern von denen! Nur eine, damit ich Saatgut fürs nächste Jahr habe!“, sagte ich mir immer wieder), so wurde meine Skepsis von einer wahren Murmelflut ab Juli geradezu erstickt. Sie machen ihren Namen alle Ehre, denn sie sind wirklich nur so groß wie Glasmurmeln (kennt die heutzutage noch wer?), knallrot, supersaftig und köstlich aromatisch. Letzte Woche wollte ich eigentlich nur eine Runde machen und die Celsior-Pflanzen endlich wieder ein wenig aufbinden und ausgeizen und kam satt und vollgefressen von meinem Tomatenrundgang zurück. Ich war nie ein großer Fan von denen, aber liebevoll gezogen, umgetopft, betüdelt, rausgepflanzt und schließlich direkt gepflückt sind frische Tomaten wahrlich eine Wonne!

Mit der Einstellung bin ich übrigens nicht alleine. David, der seines Zeichens schon seit jeher passionierter Tomatenhasser aus vollem Herzen ist, mag die kleinen Murmeln auch gerne direkt vom Strauch pflücken und essen. Neulich erzählte er mir am Telefon, dass er in seiner Unnaer Wohnung war und so sehr Lust auf die roten Murmeln gehabt hatte, dass er sich als Substitut Cocktailtomaten im Supermarkt gekauft hat. Er! David! Kauft sich Tomaten! Das hört sich an, als hätte ein Alien von ihm Besitz ergriffen. Wer ihn gut kennt, weiß, was ich meine.

Kräuter

Kräuter sind ja meine Leidenschaft! Wir haben, wie ich berichtete, ein ca. 12 qm großes Kräuterbeet/Bauerngarten direkt vorm Haus angelegt. Den Estragon habe ich schon mehrmals zurückschneiden müssen und getrocknet. Heute habe ich die getrockneten Blätter in der Küchenmaschine kleingehäckselt. Ich überlege, eine kleine Menge davon in ein kleines durchsichtiges Plastiktütchen zu füllen und immer bei mir zu tragen, um es gelegentlich anderen anzubieten und damit endlich dem Klischee gerecht zu werden, das manche Leute sich von mir konstruiert haben, weil ich Dreadlocks habe. Was für ein Spaß! Nun ja, jedenfalls besitzen wir jetzt einen guten Jahresvorrat an Estragongewürz, und wenn ich in ein, zwei Wochen die Pflanze zur Vorbereitung auf den Winter herunterschneide, wird da auch nochmal ein ganzer Batzen Blattmasse zum Trocknen hinzukommen.

Wie erwartet breiten sich die Minzen wie bescheuert aus; die Pfefferminze musste ich schon zwei Mal zurückschneiden, weshalb wir jetzt auch eine schöne Menge an Pfefferminzteeblättern besitzen. Ich trinke zwar keinen Tee, aber David, und wenn er das bis zur nächsten Ernte aufbrauchen will, muss es in den kommenden Monaten noch echt viel Tee trinken.

Der Rukola kränkelte als Unterpflanzung unter den Beerensträuchern ziemlich, weil ich ihn nie gegossen habe. Das hat ihn ziemlich mitgenommen, aber gewuchert ist er trotzdem. Memo fürs nächste Jahr: Bei Trockenzeiten einmal pro Woche gießen!

Petersilie, Kapuzinerkresse, Basilikum, Waldmeister, Thymian, Salbei und Schnittlauch geht es hier ziemlich gut. Der Dill hat sich im Beet als einzige Direktsaat durch das Wildkraut kämpfen können und ich konnte zumindest öfter mal eine kleine faustvoll ernten. Jetzt habe ich alle samentragenden Köpfe abgeschnitten und fange die extrem intensiv nach Dill schmeckenden Samen in einer Tüte auf. In Sachen Direktsaat müssen wir dringend etwas anders machen! Wir trauten uns nicht, in dem Beet zu jäten, weshalb es ziemlich schnell wieder komplett wie eine Wiese aussah. Pastinaken und Zwiebeln haben es deshalb nicht geschafft, der Spinat auch nur mühselig und blattlausgeplagt; einzig der Dill … naja, sagte ich ja schon.

Beeren und Bäume

Das Frühjahr war eindeutig zu frostig. Wir hatten dieses Jahr weder Kirschen noch Pflaumen. Schade! Aber die Birnenbäume hängen sehr voll und auch die kleinen Saftäpfel leuchten schon rotbäckig am Baum. Von unseren letztes Jahr gekauften Beerensträuchern haben alle bis auf einer den Winter überstanden und auch gut getragen: wir hatten viele weiße und rote Johannisbeeren (mit Vanillepudding und Agavensirup!) und auch ein paar einzelne Jostabeeren. Die Mirabellenbäumchen sind noch zu jung und an den Felsenbirnen hingen nur einzelne kleine Kügelchen, die aber sehr lecker marzipanmäßig schmeckten!

Kapuzinererbse „Blauwschokker“

Finde ich richtig cool! Anfang März säten wir die Erbsen, etwa 100 Gramm Saatgut, direkt ins Beet. Da war es noch verdammt kalt und ich zweifelte wieder, ob ich nun nicht mein gesamtes Erbsensaatgut vergeudet hätte. Doch sie keimten, und obwohl sie nicht gegen Vogelfraß geschützt wurden, wuchsen die Leguminosen wunderbar. Mit Schnüren stützten wir sie, damit sie ihre Machendrahtstütze finden konnten und gegen den scharfen Westwind gewappnet waren. Die Pflanzen wurden etwa zwei Meter hoch und trugen sehr viele, äußerst hübsche lilafarbene Schoten mit saftigen zarten Erbsen darin. Normalerweise soll man mindestens einmal pro Woche alle Erbsen durchpflücken, um sie zur Bildung immer neuer Blüten anzuregen und kontinuierlich Erbsen ernten zu können, aber zur Haupterntezeit waren wir dann einfach mal fast einen Monat gar nicht vor Ort, sondern im Urlaub. Bei unserer Rückkehr waren die Erbsen schon ziemlich reif und der Zucker hatte sich in Stärke gewandelt, sodass sie zumindest roh nicht mehr sehr lecker schmeckten. Wir beließen also alle Schoten an den Pflanzen und ich erntete sie Ende August rascheltrocken als Trockenerbsen. Und was für eine Freude – es sind sage und schreibe ziemlich genau zwei Kilogramm trockene Erbsen geworden! Davon habe ich uns ein halbes Kilo als Saatgut fürs nächste Jahr gesichert. Aber ich, unsicher wie immer, konnte fast nicht glauben, dass diese gelblichen, harten Kerne tatsächlich essbar sein sollten. Also habe ich todesmutig hundert Gramm Erbsen über Nacht in Wasser einweichen lassen und dann eine halbe Stunde in frischem Wasser gekocht. Und ja! Ja! Die Blauwschokker schmeckt superlecker! So gesehen ist die Zubereitung wirklich einfach. Aus den hundert Gramm Trockengewicht wurden nach dem Einweichen gut 200 Gramm und nach dem Kochen genau 227 Gramm leckere Erbsen, die ich als Beilage zu Frühkartoffeln und Mangold aß. Köstlich! Ich bin begeistert von der Blauwschokker und freue mich darauf, sie ab dem kommenden Jahr im größeren Stil anzubauen, um immer ab Herbst eine ausreichend große Menge super zu bevorratender Trockenerbsen in der Küche auf Lager zu haben. Als I-Tüpfelchen stellte ich noch zufällig fest, dass Kapuzinererbsen genau die Erbsensorte sind, aus der man in Großbritannien mushy peas kocht, eine traditionelle britische Beilage, die ich vor sieben Jahren sehr schätzen- und liebenlernte, als ich in England studierte.

Knoblauch

Der von Dreschflegel gekaufte Knoblauch „Rocambole“ ist leider überhaupt nicht aufgegangen. Kein einziges Knöllchen, kein Fitzelchen Schlotten ließen sich blicken. Hier geht die Runde ausnahmsweise mal an die konventionellen Züchtungen: Im Baumarkt(!) hatten wir letzten Herbst drei Knollen im Sortiment entdeckt und die Zehen als Winterknoblauch eingepflanzt. Das Ergebnis ist ein voller Erfolg! Aus jeder Zehe ist eine große, schöne, robuste Knolle mit riesigen Zehen gewachsen. Und der Geschmack ist wunderbar scharf und intensiv. Vor ein paar Jahren experimentierte ich mal mit Bioladenknoblauch aus Spanien, der in unserem Klima zwar Knollen bildete, die aber nur sehr mild und fade schmeckten. Der Baumarkt-Allium hingegen überzeugt geschmacklich sehr! Hätte nicht gedacht, dass in Deutschland so ein intensiv scharfer Knoblauch kultiviert werden kann. Die größten Knollen wurden heute zerteilt und die Zehen werde ich nächste Woche zur Anzucht in einen Quickpot pflanzen. Letztes Jahr brachten die drei Knollen nur 35 Zehen, dieses Jahr habe ich mehr als 80 Stück, aus denen ich Nachkommen ziehen kann.

Kartoffeln

Ein Reinfall war das Experiment, konventionelle Vitelotte Noire aus dem Supermarkt einzupflanzen. Merke: Wenn auf dem Netz „Nach der Ernte behandelt“ steht, dann haben die Kartoffeln anscheinend keine Chance, da sie mit keimhemmenden Chemikalien besprüht wurden. Doch uns tröstete die handvoll „Laura“ aus dem Bioladen und das containerte Netz voller schrumpeliger „Belana“ aus der Mülltonne eines Discounters. Diese beiden Sorten gediehen wirklich hervorragend und lieferten uns einen Ertrag von insgesamt rund 20 Kilogramm wohlschmeckender kräftiger Kartoffeln! Die größten Exemplare wogen mehr als 450 Gramm, obwohl wir die Kartoffeln nicht einmal mit Brennnesseljauche gedüngt hatten. Nur ein wenig angehäufelt und natürlich gemulcht wurden sie im Sommer.

In der Erde warten noch Kartoffeln unbekannten Namens, die wir letzten Oktober auf einem abgeernteten Feld gesammelt hatten. Sie dürfen noch drei Wochen wachsen. Besonders gespannt bin ich auf den „Kartoffel-Mix“ von Dreschflegel! Da gab es nämlich Saatgut aus Samen(!!), die die Blüten nach dem Verwelken bilden. Vorher hatte ich noch nie von Kartoffelsamen gehört, aber es gibt sie! Das Spannende daran ist, dass die Sorten im größeren Umkreis sich gegenseitig unkontrolliert verkreuzen und aus den Samen deswegen neue Sorten entstehen, die man nicht vorhersehen kann. Man weiß also nicht, wie die Kartoffeln letztlich aussehen werden, die man sich da im Beet anbaut. Die Früchte, die einem gefallen, kann man dann aber quasi als „neue Sorte“ im Folgejahr einpflanzen und weitervermehren. Toll, oder? Unser Kartoffel-Mix behauptet sich noch relativ standhaft im Beet, verwelkt aber auch zusehends. Eine Pflanze blühte lila! Eine andere weiß. Neugierig lugte ich vor ein paar Tagen schonmal in die Erde und schaute mir die Knollen einer Kartoffelpflanze an. Sie waren zartrosa und länglich. Ich bin so gespannt, was uns da erwartet! Bis dahin mampfe ich die köstlichen Belanas und Lauras, mit dem Resultat, dass ich jedes Mal bei der Zubereitung das Lied „Laura“ von der Band Scissor Sisters als Ohrwurm habe. Come on, Come on, Where is your love? Don’t you give me your love …

Zusammenfassung und Ausblick

Dieses Jahr ernteten wir auf Fruitlands

  • Felsenbirnen
  • Jostabeeren
  • Johannisbeeren
  • Erdbeeren
  • Kräuter – Dill, Petersilie, Basilikum, diverse Minzen, Estragon, Stevia, Kapuzinerkresse, Schnittlauch, Rukola
  • Radieschen
  • die essbaren Blütenblätter der Cosmea
  • weißen, roten und rosafarbenen Mangold
  • Kapuzinererbse Blauwschokker
  • Tomate „Rote Murmel“
  • Tomate „Golden Currant“
  • Tomate „Celsior“
  • Kopfsalat
  • Asiasalat „Green Wave“
  • Kartoffeln
  • Knoblauch

 

Was dieses Jahr noch kommt?

  • Mais
  • Feuerbohnen
  • Hokkaidos
  • Walnüsse
  • Birnen
  • Äpfel
  • Topinambur
  • Lupinen
  • noch mehr Mangold (zur Überwinterung im Erdkeller)

 

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