Am 29. September holten wir die letzten beiden Kartoffelsorten aus der Erde. Es gab eine positive und eine negative Überraschung.

Fangen wir mit letzterer an: Die Kerkauer Kipfler. Die Sorte mit dem Originalnamen „Keřkovské rohlíčky“ gibt es bereits seit 1941. Im Internet als widerstandsfähig, unkompliziert und gut für den Bio-Anbau angepriesen, bei uns auf dem Acker jedoch eine herbe Enttäuschung. Aus einem Kilo Saatkartoffeln ernteten wir gerade einmal magere 1,6 Kilo. Die länglichen gelben Knollen waren ziemlich klein und pro Pflanze fanden wir vielleicht 1 – 3 Stück vor. Schade, aber bei einem Erfolgsrennen mit 7 Sorten muss ja einfach auch eine davon die Verliererin sein. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass just in diesem Streifen Acker ein erhöhtes Aufkommen unserer eigenen Züchtung, der „Fruitlands-Kartoffel“, zu verzeichnen war. Wir hatten den Eindruck, dass die Fruitlands die Kipfler dominiert und schlichtweg verdrängt hat.

Exkurs: eine Knolle namens Fruitlands

Ein Wort zur Fruitlands-Kartoffel, die in unseren Kartoffelbeiträgen immer wieder Erwähnung findet: Diese Sorte hatten wir 2017 aus Saatgut selbstgezüchtet und die Knollen im Folgejahr, also 2018, weitervermehrt. Ursprünglich hatten wir glaube ich 14 Sorten gezüchtet, von dem sich letztlich diese eine im Anbau durchsetzte. Jedenfalls blieb nach und nach nur diese eine Sorte übrig, sodass wir sie auch 2019 anbauten. Die Fruitlands-Kartoffel ist dunkelviolett, rund, groß, dünnschalig und von sehr fester Konsistenz. Sie ist sehr gut lagerfähig, reift erst sehr spät ab — Oktober/November — und besitzt ein weißes festes Fruchtfleisch mit hübscher violetter Maserung. Und schmecken tut sie zum Glück auch. Und zwar so gut, dass wir unsere letzten Fruitlands-Kartoffeln im Winter 2019/20 gänzlich aufaßen. Nicht ohne Bedauern, denn ich hätte sie eigentlich gerne als etablierte Hauskartoffel noch weiter hier auf dem Hof gehabt. Doch ich hatte die Rechnung ohne die Hartnäckigkeit der Fruitlands gemacht! Wohl durch ihre extrem dunkle Färbung hatten wir offenbar etliche der Feldfrüchte in der Erde übersehen. Dazu kam, dass wir im Frühjahr 2020 unseren Acker mit einer Motorhacke komplett durchgefräst und neu strukturiert hatten, sodass die Kartoffelstücke sich auf der ganzen Anbaufläche verteilt hatten … und dann keimten. Als Konsequenz sprossen im Frühsommer plötzlich überall Kartoffelpflanzen an den unmöglichsten Stellen. Sie überwucherten die Chilipflanzen, mogelten sich zwischen die Tomaten, erstickten den Broccoli und kämpften sich durch das Kraut der Kerkauer Kipfler. Als wir nun also eigentlich die Kerkauer Kipfler ernteten, hatten wir im Endeffekt mehr Fruitlands-Kartoffeln als Kipfler in den Eimern. Pech für die Kipfler, die sich dann wohl nicht gut durchsetzen konnte. Die Fruitlands hingegen kommt in ihrem Heimathafen anscheinend blendend zurecht und darf bleiben (wahrscheinlich werden wir sie sowieso nie wieder los)!

Die Siegerknolle

Kommen wir nun zur zweiten und letzten Sorte, die wir Ende September aus der Erde holten. Auch hier hatten wir ein Kilo Saatkartoffeln zur Verfügung und waren gespannt, wieviel wir ernten würden. Nachdem wir Hände um Hände voller Früchte ausgruben und schließlich alles wogen, stand der Sieger unseres diesjährigen Kartoffelanbaumarathons fest. Die Gewinnerin heißt … Bamberger Hörnchen! Herzlichen Glückwunsch!

Die Bamberger Hörnchen waren eine vom Aussterben bedrohte Sorte, obwohl sie in ihrer Heimat Franken ziemlich beliebt ist. Dort gibt es sie schon seit dem 19. Jahrhundert. Der Anbau soll „aufwendig“ und der Ertrag „gering“ sein. Dies gilt aber nur für den Erwerbsanbau im großen Stil, da die Hörnla wegen ihrer krummen Form — sie sehen aus wie fette Finger — schlecht maschinell gerodet werden können. Bei uns ist das natürlich irrelevant; wir haben sie ja nur auf wenigen Metern Beet angebaut und schätzen das Ausbuddeln von Kartoffeln als schöne Tätigkeit. Und so kommen wir auch in den Genuss individueller Kuriositäten, wie hier das besonders schöne Exemplar eines Bamberger Schnie–, äh Hörnchens!

Der Anbau war keineswegs aufwändig. Eigentlich haben wir sie genauso behandelt wie alle anderen Kartoffelsorten auch: Ende April in die Erde, anhäufeln, mulchen, gelegentlich wässern, fertig. Und nun hielten wir das 17-fache der investierten Menge in den Händen — genau 16,9 Kilogramm Kartoffeln waren aus einem Kilo Saatkartoffeln erwachsen! Damit brachte die Bamberger-Hörnchen-Ernte sogar mehr auf die Waage als unsere bisherige Spitzenreiterin Otolia, die bis dato mit glatten 16 Kilo ganz vorne lag, wie wir hier berichteten. Von einem „geringen Ertrag“ kann also absolut ebenso wenig die Rede sein wie von einem „aufwändigen Anbau“.

Fazit unseres Kartoffelexperiments

Und unsere Selbstversorgung mit Kartoffeln bis zum nächsten Frühjahr? Die dürfte nun gesichert sein. 18,5 Kilo bei der vierten Erntewelle; 27,8 Kilo bei der dritten; weitere 18,5 Kilo bei der zweiten und 4,5 Kilo beim ersten Erntetermin macht insgesamt schöne 69,3 Kilogramm Kartoffeln, die uns im Herbst, Winter und Frühjahr satt halten werden. Plus einige Kilo Fruitlands-Kartoffeln, welche wir aber lieber bunkern und nächstes Frühjahr kontrolliert anbauen wollen.

Wenn ich gerade so drüber nachdenke, haben wir mit der Ernte ziemlich genau unser Ziel erreicht. Der Einfachheit halber haben wir damit gerechnet, dass wir — zwei Menschen — pro Woche ein Kilo Kartoffeln essen, also 52 Kilo im Jahr. Dazu wollten wir als Puffer (nicht Kartoffelpuffer) ein paar Kilo mehr einrechnen, die wir fürs Folgejahr als Saatkartoffeln verwenden oder die den Temperaturen, der Luftfeuchtigkeit oder Mäusen im Keller anheimfallen. Nach dieser Berechnung sollten wir nun also kartoffelmäßig auf der sicheren Seite sein. Und das mit ursprünglich läppischen 7 Kilogramm Saatkartoffeln!

Mal schauen, wie wir über den Winter kommen, und was im kommenden April noch von unserer Ernte übrig ist.

Und weil ich beim Verfassen dieses Blogartikels darüber gestolpert bin, dass der Begriff „Katzenvideo“ gerade ganz neu im Duden aufgenommen wurde, hier passend dazu selbiges zum Abschluss. Ich nenne es „Canela & die Kartoffel“.